Jede Stunde zahlt ein – Spendenkampagne zum Schlusswort im Prozess gegen Neonazi Sven Liebich gestartet
Derzeit steht der Neonazi Sven Liebich erneut vor Gericht. Im laufenden Berufungsprozess vor dem Landgericht Halle (Saale) muss er sich u.a. wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung verantworten. Mehr als dreizehn Stunden will er sein “letztes Wort” sprechen. Unter dem Motto “Jede Stunde zahlt ein” ruft Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage zu Spenden auf.
Das Amtsgericht Halle (Saale) hatte den Neonazi Sven Liebich im Jahr 2023 u.a. wegen Volksverhetzung und übler Nachrede zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Dagegen hatten sowohl Liebich als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Die Berufung führt zu einer neuen Hauptverhandlung vor dem Landgericht Halle (Saale), die derzeit läuft. Im Verfahren machen auch Betroffene als Neben- und Adhäsionskläger:innen dem Neonazi den Prozess. Sie werden dabei durch Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage unterstützt.
Eigentlich steht der Prozess kurz vor seinem Ende. Die Beweisaufnahme ist abgeschlossen und die Plädoyers sind gehalten worden. Wie in jedem Strafverfahren hat der Angeklagte nun das Recht auf ein letztes Wort, mit dem er sich an das Gericht wenden kann, bevor es sich zur Beratung des Urteils zurückzieht. Der Neonazi will davon offenbar ausführlich Gebrauch machen und dabei frei sprechen, aber auch Beiträge verlesen. Allein für Letztere brauche er etwa dreizehn Stunden, kündigte er im Gericht an.
Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage nimmt das letzte Wort des Neonazis zum Anlass, um unter dem Motto “Jede Stunde zahlt ein” um Spenden für die Finanzierung der anwaltlichen Vertretung der Betroffenen im Prozess und für die eigene Arbeit zu werben. Spender:innen sind aufgerufen, für jede Stunde, die der Neonazi sein letztes Wort spricht, einen von ihnen selbst festgelegten Betrag zu spenden. Je länger der Neonazi spricht, desto höher wird der Spendenbetrag. Die ersten Stunden hat er bereits gesprochen. Die Strafprozessordnung beschränkt das letzte Wort nicht zeitlich. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, ist derzeit noch nicht absehbar. Das Gericht hat weitere Verhandlungstermine bis Anfang August angesetzt.
Der Spendenaufruf wird u. a. durch die Landtagsabgeordneten Dr. Katja Pähle (SPD), Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Henriette Quade (Die Linke) sowie Christine Sattler (Geschäftsführerin Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis) Tom Wolter (künstlerische Leitung des WUK-Theater-Quartier) und Olaf Ebert (Stiftung Bürger für Bürger) unterstützt. Sie haben sich bereit erklärt, für jede Stunde einen von ihnen festgelegten Betrag an Halle gegen Rechts zu spenden. “Gegen Hass und rechte Hetze braucht es zivilgesellschaftliches Engagement, genau das unterstütze ich mit meiner Spende”, erklärt Dr. Pähle. „Aus rechter Hetze etwas Gutes machen: ich unterstütze die Aktion! Je länger Liebich hetzt, desto mehr kommt bei Halle gegen Rechts in die Demokratiekasse.”, so Sebastian Striegel. Henriette Quade betont, “Das Bündnis kämpft seit Jahren dafür, dass die Straftaten des Neonazis geahndet werden. Die Arbeit müssen wir stärken, nicht Aufmerksamkeit für eine Selbstinszenierung vor Gericht.” Christine Sattler macht deutlich, „Jede Stunde menschenverachtender Kommentare geht direkt auf’s Spendenkonto. Aus Hass und Hetze wird eine Unterstützung des zivilgesellschaftlichen Engagements für Demokratie und Menschlichkeit in Halle.“ Olaf Ebert erklärt: „Wir unterstützen den Spendenaufruf, um die Menschen und Initiativen zu stärken, die sich für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit in Halle einsetzen.“ Auch das WUK Theater Quartier unterstützt die Spendenaktion „Jede Stunde zahlt ein“, Tom Wolter, künstlerischer Leiter des WUK Theater Quartier, sagt dazu stellvertretend für das Team: „Es braucht kreative Antworten auf die Eintönigkeit von Rassismus und daher begrüße ich sehr diese Aktion und hoffe auf ein stärkendes Ergebnis des Bündnisses.”
Katharina Hindelang, Sprecher:in von Halle gegen Rechts zeigt sich erfreut über die Spendenbereitschaft. “Diese Spenden ermöglichen zivilgesellschaftliches Engagement gegen die extreme Rechte. Das lebt vor allem vom Einsatz unserer unbezahlten Freiwilligen, ist ganz ohne Geld aber nicht machbar. Nicht zuletzt setzen wir die Spenden dafür ein, die anwaltliche Vertretung der Betroffenen im Prozess gegen Sven Liebich zu finanzieren, aber auch für viele andere Projekte.” Das Bündnis hat über viele Jahre Proteste gegen die Aktionen des Neonazis organisiert, der derzeit vor Gericht steht. Seit mehr als acht Jahren unterstützt es auch immer wieder das juristische Vorgehen gegen Sven Liebich.
Halle gegen Rechts betont, dass der Spendenaufruf keine Kritik daran darstellt, dass der Angeklagte sich ausführlich in seinem letzten Wort äußern kann. Das letzte Wort im Strafverfahren ist ein wichtiges Recht von Angeklagten.
Alle Informationen zur Spendenaktion wie man sich beteiligen kann, gibt es auf unserem Blog.