Doch wieso konnten diese Verbrechen gesteuert durch die NSDAP stattfinden? Hatte die NSDAP doch noch 1928 einen Stimmanteil von gerade mal 2,6 Prozent der bis 1932 auf einen Stimmanteil von 37,3 Prozent wuchs? Nach der Reichstagswahl von 1928 setzte die NSDAP vor allem auf Themen wie die Senkung der Arbeitslosigkeit, um vor allem die bürgerlichen Wähler für sich zu gewinnen. Und genau diese Akzeptanz der bürgerlichen Gesellschaft war notwendig, um den Aufstieg der Partei zu gewährleisten, die dann später wieder ihr wahres Gesicht zeigen würde.


Deutlich wird dies auch während der Reichspogromnacht am 9. November. Gebäude wurden in Brand gesteckt, Synagogen zerstört und Jüdinnen und Juden inhaftiert, verschleppt und ermordet unter reger und bereitwilliger Beteiligung der deutschen Bevölkerung- auch in Halle. Bürgerinnen und Bürger gingen mit den Schlägertrupps der SA auf die Straße, sahen der Zerstörung zu, bejubelten sie oder beteiligten sich gar daran. Die Nacht war Ausdruck des tiefverwurzelten Antisemitismus in der Bevölkerung, der Bereitschaft nationalsozialistischer Propaganda willfährig zu folgen und markiert den Übergang zur systematischen Ermordung der jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen.


Der 9. November ist ein Tag der Erinnerns und auf die Erinnerung folgt das aktive Handeln. Denn auch heute gilt es, sich jeder Form von Antisemitismus, Rassismus und jeglicher Ausgrenzung entgegenzustellen.
Die sogenannte Montagsdemo für den Frieden in Halle ist seit über einem Jahr Bühne für Verschwörungstheoretiker, Antisemiten und Rassisten. Seit neustem wird sie dabei unterstützt von neurechten Bewegungen und organisierten Neonazis. Doch wie können Menschen, die Hass und Hetze gegen bestimmte Gruppen verbreiten, antisemitische Parolen schreien und menschenfeindliche Ideologien verbreiten, für den Frieden sein? Wie kann man mit gewaltbereiten Neonazis und Vertretern und Vertreterinnen neurechter Strukturen für eine friedliche Welt demonstrieren? Wo Freiheit für den Holcaustleugner Horst Mahler gefordert wird, wo die rechtsextreme „Brigade Halle“ steht, wo von jüdischem Finanzkapital, das die Welt beherrscht fantasiert wird: dort geht es nicht um Frieden!


Und genau deswegen sind wir heute hier. Um klarzumachen, dass diese rechte Hetze nicht unkommentiert verbreitet werden kann. Um gegen Rassismus und Antisemitismus zu protestieren. Um an die Ereignisse am 9. November zu erinnern und aus dieser Erinnerung heraus aktiv zu werden.

Wanja Seifert
für Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage


 

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